10.04.2025
Verschiedene Organisationen, darunter federführend der WWF Deutschland, die Klima-Allianz Deutschland und der Deutsche Caritasverband sowie das Umweltbundesamt, fordern in der politischen Diskussion die Streichung der Pendlerpauschale. Sie halten die steuerliche Entfernungspauschale für umweltschädlich, weil sie lange Arbeitswege fördere und ökologische Fehlanreize setze. Diese Behauptungen seien wissenschaftlich nicht haltbar, so die Lohnsteuerhilfe Bayern unter Verweis auf eine Studie.
Die Höhe der Entfernungspauschale beeinflusse das Pendelverhalten von Arbeitnehmenden kaum. Für die Wahl von Wohnort und Arbeitsplatz seien andere Faktoren ausschlaggebend. Politiker und Arbeitgeber sollten hier ansetzen, meint die Lohnsteuerhilfe.
Die Pendlerpauschale sei eine steuerliche Vergünstigung für die Fahrtkosten zur Arbeit. Sie werde unabhängig vom Verkehrsmittel gewährt. Auch werde damit nicht nur der Individualverkehr steuerlich gefördert, sondern auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, so die Lohnsteuerhilfe Bayern.
Die tatsächlichen Kosten für den Arbeitsweg bilde sie nicht ab. Sie werde gewährt, auch wenn der Arbeitsweg keine Kosten verursacht hat. Und die Kosten für Autofahrer decke sie nicht ab. Eine Besonderheit gebe es für Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel. Übersteigen die Ticketkosten die Pauschale, könnten die Mehraufwendungen für das Kalenderjahr als Werbungskosten angesetzt werden.
Dass Erwerbstätige aufgrund der Entfernungspauschale längere Wegstrecken zur Arbeit in Kauf nehmen oder vom Arbeitsort wegziehen würden, werde in der Veröffentlichung "Untersuchung der ökonomischen Wirkung der Entfernungspauschale auf das Pendelverhalten von Steuerpflichtigen" widerlegt. Die empirische Studie, warum Arbeitnehmende pendeln, komme zu dem Ergebnis, dass die Entfernungspauschale keinen signifikanten Einfluss auf den Standort der Wohnung oder Arbeitsstätte hat. Wegen der geringfügigen steuerlichen Kompensation wechsele man seinen Arbeitsplatz nicht.
Für einen Arbeitsplatzwechsel seien Faktoren wie eine Unzufriedenheit mit dem aktuellen Job oder ein größeres Gehaltsplus ausschlaggebend. Überwiegend würden Arbeitgeber in Wohnortnähe gesucht, da die meisten Arbeitnehmer aufgrund des finanziellen und Zeitaufwands das Pendeln scheuen. Mehr Freizeit und eine bessere Work-Life-Balance zögen hier mehr. Lange Pendelstrecken nähmen zumeist hoch dotierte und besser bezahlte Fachkräfte in Kauf. Sie fänden selten in Wohnortnähe einen entsprechend qualifizierten Arbeitsplatz und hätten erst gar nicht die Auswahl.
Bewohner von ländlichen Gebieten müssten in der Regel pendeln, da sich entsprechende Arbeitgeber oft nicht in der Nähe befänden. Gerade diese Angestellten seien auf ihr Auto angewiesen, unabhängig davon, ob der Pkw steuerlich gefördert wird oder nicht. Öffentliche Verkehrsmittel stünden häufig nicht als Alternative zur Verfügung. Trotz der Abhängigkeit vom Pkw seien immer mehr Menschen gezwungen, in ländliche Regionen zu ziehen, weil in den Städten akuter Wohnraummangel herrscht und die Mieten unerschwinglich hoch sind. Eine effektive Mietpreispolitik könnte dieser Tatsache entgegenwirken und damit die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ermöglichen.
Eine steuerliche Alternative zur Entfernungspauschale stelle die Homeoffice-Pauschale dar, so die Lohnsteuerhilfe. Sie werde gewährt, wenn Angestellte von zu Hause aus arbeiten. Jedoch liege es oft nicht in der Hand des Angestellten, das zu tun. An dieser Stelle seien die Unternehmen gefordert, dies ihren Mitarbeitern zu gestatten und so zum Klimaschutz beizutragen.
"Die Entfernungspauschale ist keine Subvention derjenigen Angestellten, die auf ein Auto angewiesen sind, um zur Arbeit zu kommen. Eine Abschaffung der Pendlerpauschale würde keinen nennenswerten Effekt auf das Klima haben. Sie würde dem Staat nur auf Kosten der Berufstätigen und insbesondere der ländlichen Bevölkerung höhere Steuergelder bescheren", erklärt Tobias Gerauer, Vorstand der Lohnsteuerhilfe Bayern.
Steuerlich subventioniert würden lediglich Angestellte mit einem Jobticket und Fahrgemeinschaften. Personen, die ein vergünstigtes Jobticket nutzen und steuerliche Vorteile bekommen, würden doppelt belohnt. Das umweltfreundliche Verhalten durch Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln sei jedoch schon vorhanden. Auch Fahrgemeinschaften trügen zum Klimaschutz bei, wenn sich mehrere Angestellte für die Fahrt zur Arbeit zusammenschließen. Die Mitfahrer würden mit der Entfernungspauschale steuerlich belohnt, obwohl ihnen keine Kosten entstanden sind. Wechseln sich alle Beteiligten reihum beim Fahren ab, profitierten alle steuerlich.
"Eine ersatzlose Abschaffung der Entfernungspauschale würde zudem im Widerspruch zum geltenden Leistungsprinzip und Steuerrecht stehen", so Gerauer weiter. Denn andernfalls würde Einkommen, das Arbeitnehmenden aufgrund von beruflichen Ausgaben nicht zur Verfügung steht, besteuert werden. Berufsbedingte Aufwendungen müssten also steuerlich abziehbar bleiben.
Lohnsteuerhilfe Bayern e.V., PM vom 08.04.2025