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15.01.2025

Akteneinsichtsbeschwerde: (Fehlendes) Rechtsschutzbedürfnis

Über einen beim Finanzgericht (FG) gestellten Antrag auf Akteneinsicht gemäß § 78 Finanzgerichtsordnung (FGO) hat der zuständige Spruchkörper des FG trotz einer bereits in der Sache ergangenen Entscheidung auch dann noch zu befinden, wenn das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. Weiter heißt es, eine Beschwerde gegen die Versagung der Akteneinsicht sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn gegen die Entscheidung des FG ein Rechtsmittel eingelegt wurde und die Akten, deren Einsicht begehrt wird, dem BFH vorliegen.

Der Kläger führte gegen das Finanzamt beim FG Berlin-Brandenburg ein Klageverfahren (5 K 12076/24). Die während des Verfahrens beantragte Akteneinsicht gewährte das FG in der Form, dass es die vorgelegten Verwaltungsakten des Finanzamtes einscannte und dem Kläger elektronisch zur Verfügung stellte. Das FG wies die Klage mit Urteil vom 03.09.2024 ab.

Mit Schreiben vom 21.09.2024 beantragte der Kläger wiederum Einsichtnahme in die dem FG vorliegenden Akten und begründete das damit, seine Rechtsanwältin wolle eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das klageabweisende Urteil vorbereiten.

Das FG behandelte den Antrag als Verwaltungsangelegenheit. Der Präsident des FG lehnte den Antrag ab. Er führte aus, sämtliche der vom Finanzamt vorgelegten Akten seien dem Kläger elektronisch zur Verfügung gestellt worden. Für eine erneute Akteneinsicht bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde bringt der Kläger vor, das Akteneinsichtsrecht nach § 78 FGO erschöpfe sich nicht in der Möglichkeit, Einsicht in die Verwaltungsvorgänge des Finanzamts zu nehmen. Es beziehe sich ebenso auf die Gerichtsakten, in die ihm noch keine Einsicht gewährt worden sei. Zeitgleich legte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des FG vom 03.09.2024 ein (IX B 100/24). Hierüber hat der BFH noch nicht entschieden.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung leide zwar an einem Verfahrensfehler: Für die Entscheidung über den Antrag auf Akteneinsicht sei nicht der Präsident des FG, sondern der mit der Entscheidung über das Verfahren 5 K 12076/24 betraute Spruchkörper zuständig gewesen. Dieser Fehler sei allerdings nicht erheblich. Denn die Beschwerde des Klägers, die sich ausweislich ihrer Begründung vom 15.10.2024 ausschließlich dagegen richtet, dass ihm keine Einsichtnahme in die beim FG geführte Gerichtsakte gewährt wurde, sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Der BFH verweist auf seine allgemein anerkannten Rechtsprechungsgrundsätze, wonach Ziel einer Beschwerde gegen die Verweigerung der Gewährung von Akteneinsicht durch das FG nicht die Klärung der Frage sein kann, ob dem FG insoweit ein Verfahrensfehler unterlaufen ist. Hierfür stünden allein die Nichtzulassungsbeschwerde oder die Revision zur Verfügung. Ziel einer Akteneinsichtsbeschwerde sei nur, das FG anzuweisen, die Einsicht (in der beantragten Art) zu gewähren. Eine solche Anweisung werde sinnlos, wenn das FG-Verfahren durch eine Entscheidung über die Sache abgeschlossen ist und die Akten, deren Einsicht begehrt wird, wegen eines dagegen eingelegten Rechtsmittels dem BFH vorliegen. So aber lägen die Dinge hier: Die Gerichtsakte des Verfahrens 5 K 12076/24, dessen Einsichtnahme der Kläger begehrt, liege dem BFH im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens IX B 100/24 vor. Hierüber sei die Prozessbevollmächtigte des Klägers auch in Kenntnis gesetzt worden.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.12.2024, IX B 101/24