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21.10.2025

"Bürokratiemonster im Schafspelz": Steuer-Gewerkschaft kritisiert Aktivrente

Das Bundeskabinett hat die so genannte Aktivrente beschlossen. Rentner sollen danach bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen können. Hinter der Idee, den Arbeitsanreiz im Alter zu stärken, verbirgt sich nach Einschätzung der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG) jedoch ein bürokratisches und ungerechtes Konstrukt, das neue Probleme schafft, statt sie zu lösen.

"Dieses Gesetz ist ein Bürokratiemonster im Schafspelz der Steuererleichterung", so DSTG-Bundesvorsitzender Florian Köbler. Statt das Steuersystem zu vereinfachen und Leistung gerecht zu belohnen, schaffe man kleinteilige Ausnahmen, die neue Ungerechtigkeiten produzierten und Missbrauch Tür und Tor öffneten.

Die Grundidee, Arbeit im Alter attraktiver zu machen, sei richtig, so Köbler. Die Umsetzung dagegen sei "zutiefst ungerecht, übermäßig bürokratisch und missbrauchsanfällig". "Anstatt Steuerbetrüger zu verfolgen, sollen unsere Kolleginnen und Kollegen künftig Omas steuerfreien Nebenjob kontrollieren – das ist Politik mit verkehrten Prioritäten", so Köbler weiter.

Kritsch sieht die DSTG, dass der Steuerfreibetrag ausschließlich für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gilt. Selbstständige, Freiberufler, Minijobber oder Gewerbetreibende gingen leer aus – eine Ungleichbehandlung, die die Gewerkschaft für verfassungsrechtlich bedenklich hält.

Zudem entstehe mit der Aktivrente zusätzliche Bürokratie: Beschäftigte mit mehreren Jobs müssten schriftlich bestätigen, dass sie den Freibetrag nicht bereits in einem anderen Arbeitsverhältnis nutzen – ein kleiner, aber millionenfach auftretender Mehraufwand für Bürger und Arbeitgeber.

Das Missbrauchsrisiko sei hoch. Familienbetriebe könnten Angehörige formal anstellen, ohne dass eine tatsächliche Arbeitsleistung erfolgt. Eine wirksame Kontrolle durch die Finanzämter hält die DSTG für unrealistisch – personell wie rechtlich. "Die Aktivrente wird einen Boom von Familienjobs auslösen. Opa und Oma werden kurzerhand angestellt, und schon fließen mehrere tausend Euro steuerfrei ab. Niemand kann die tatsächliche Arbeitsleistung effektiv überprüfen – die Finanzämter haben schlicht nicht die Kapazitäten", warnt Köbler.

Die Behauptung der Bundesregierung, der Erfüllungsaufwand steige nicht wesentlich, hält die DSTG für realitätsfern. Das Konzept erhöhe die Komplexität des Steuersystems und zwinge Finanzämter zu neuen Prüfverfahren, ohne dass ausreichende Kontrollinstrumente vorhanden seien, um Missbrauch zu verhindern.

"Wir brauchen keine steuerliche Klientelpolitik für einzelne Gruppen, sondern ein einfaches, gerechtes und leistungsorientiertes Steuersystem. Die Politik muss endlich den Mut aufbringen, das System zu vereinfachen, statt immer neue Ausnahmen zu schaffen", fordert Köbler.

Die DSTG fordert eine faire und einfache Leistungsbelohnung: Entlastungen müssten allen Steuerzahlern zugutekommen. Die kalte Progression sei jährlich auszugleichen. Auch bedürfe es einer radikalen Steuervereinfachung: Statt komplexer Sonderregelungen brauche es ein verständliches und transparentes Steuersystem. Ebenso angezeigt: effektive Missbrauchskontrollen – oder Verzicht: Wenn Steuerprivilegien geschaffen werden, dann nur bei gesicherter Kontrollfähigkeit. Ohne ausreichende Ressourcen müsse auf solche Regelungen verzichtet werden.

Deutscher Steuer-Gewerkschaft, PM vom 16.10.2025