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16.05.2022

Missbräuchliche Steuerberatung: EU-Kommission kündigt Sanktionierung an

Im Herbst 2022 will die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag zur Sanktionierung missbräuchlicher Steuerberatung der steuerberatenden Berufe veröffentlichen. Dies kündigte sie während einer Anhörung im EU-Parlament an. Eine solche EU-Initiative könnte einen Eingriff in das Berufsrecht darstellen und die Mandantenberatung erschweren, kommentiert der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DSTV).

Als Pandora Papers werde das größte Leak über Steueroasen bezeichnet, die das Internationale Netzwerk investigativer Journalisten (ICIJ) 2021 publik gemacht hat. Im Nachgang zu den Enthüllungen habe im Unterausschuss für Steuerangelegenheiten (FISC) des EU-Parlaments eine Anhörung stattgefunden. Die EU-Abgeordneten hätten dabei Experten darüber befragt, wie die steuerberatenden Berufe künftig reguliert werden könnten, damit ein gerechtes Steuersystem entstünde, so der DStV.

Im Verlauf dieser Befragungen habe die EU-Kommission angekündigt, gegen missbräuchliche Steuerberatung vorgehen zu wollen. Dabei wolle sie die "faulen Äpfel" der Branche ins Visier nehmen. Zwar plane sie nicht, den Berufsstand allgemein zu regulieren. Sie wolle aber allgemeine Standards zur Sanktionierung missbräuchlicher Steuerberatung einführen. Laut EU-Kommission solle dabei definiert werden, welche Beratung zukünftig zulässig ist und welche nicht. Werden die Grenzen zulässiger Beratung überschritten, sollen nach dem Willen der EU-Behörde Sanktionen gegen die Verursacher verhängt werden.

Ein solcher Vorschlag der EU-Kommission könnte sowohl in das Berufsrecht der beratenden als auch der prüfenden Berufe eingreifen und dürfte ein weiterer Schritt hin zur Europäisierung des Berufstands bedeuten, so der DStV.

Aus seiner Sicht müsste im Fall eines solchen Regelungsvorschlags insbesondere geklärt werden, in welchen Fällen eine missbräuchliche Steuergestaltung vorliegt. Ansonsten drohen erhebliche Rechtsunsicherheit und eine unzumutbare Gratwanderung im Spannungsfeld zwischen den Pflichten gegenüber Mandanten und Steuer-Compliance.

Insbesondere wäre der mutmaßliche, aber nicht kodifizierte Wille des Gesetzgebers, wie etwa in Britannien diskutiert, kein ausreichendes Kriterium, um die Zulässigkeit von Steuerberatung festzulegen. Die Zulässigkeit müsse sich an den bestehenden Steuergesetzen ausrichten, betont der DStV. Die Einführung weitergehender, auf ethischen Werten basierten Compliance-Regeln möge in der Theorie verlockend klingen. In der Praxis dürften sie sich aber als schwer umsetzbar erweisen.

Andererseits könnte ein solider, praxistauglicher und verhältnismäßiger Vorschlag die Chance bieten, die bestehenden großen Unterschiede bei der Regulierung des Berufstands in den Mitgliedstaaten abzubauen und dessen Ansehen in der öffentlichen Wahrnehmung zu verbessern. Schließlich regulierten zu viele Mitgliedstaaten den Beruf derzeit in nicht ausreichendem Maße, merkt der Steuerberaterverband an. Dies führe nicht allein zu einem Wettbewerb um die niedrigste Vergütung, sondern dränge auch Berufskollegen dazu, die Grenzen zulässiger Beratung zu überschreiten. Gleichzeitig würde ein solcher Vorschlag nach Ansicht des DStV die bisherige Deregulierungsstrategie der EU-Kommission generell in Frage stellen.

Die EU-Kommission kündigte im weiteren Verlauf der Anhörung an, dass sie den Interessenvertretern vom 12.05.2022 bis zum 20.07.2022 die Möglichkeit einräumen wolle, sich im Rahmen einer öffentlichen Konsultation zum Thema einzubringen. Die öffentliche Konsultation eröffne das Gesetzgebungsverfahren. Bei Druckbeginn sei die Konsultation noch nicht veröffentlicht worden. Der Vorschlag dürfte sich also mindestens verzögern, so der DStV.

Europäische Kommission, PM vom 12.05.2022