12.11.2025
Beim Thema Grundsteuer geht es weiter. Der Bundesfinanzhof (BFH) verhandelt am 12.11.2025 drei Verfahren zu der Thematik, wobei es sich bei zweien davon um Musterfälle handelt. Wie der Bund der Steuerzahler (BdSt) mitteilt, der die Musterverfahren gemeinsam mit Haus & Grund Deutschland unterstützt, haben diese eine grundsätzliche Bedeutung für die Bewertung von Immobilien nach dem Bundesmodell im Rahmen der Grundsteuer.
In den Musterfällen aus Köln und Berlin geht es nach Angaben des BdSt um die Bewertung von Eigentumswohnungen als Grundlage für die Grundsteuer. Die betreffenden Wohnungen seien mit stark pauschalisierten und intransparenten Werten ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Marktverhältnisse vor Ort oder wertbeeinflussender Besonderheiten des einzelnen Grundstücks bewertet worden.
Im Kölner Fall ist nach Ansicht der Verbände beispielsweise die Zuordnung zu einer bestimmten, deutlich höheren Bodenrichtwertzone trotz schlechterer Wohnlage unverständlich. Es handele sich um eine Eigentumswohnung mit 54 Quadratmetern. Es sei ein Bodenrichtwert von 2.280 Euro angesetzt worden. Die Eigentümer besitzen laut BdSt ein weiteres Grundstück in unmittelbarer Nähe mit besserer örtlicher Lage. Dort werde ein deutlich geringerer Bodenrichtwert von 530 Euro angesetzt – obwohl diese Lage die bessere Infrastruktur aufweise und als Wohngebiet beliebter sei. Beim beklagten Grundstück führe der Ansatz des Bodenrichtwerts zu einer Wertsteigerung von 130 Prozent zur bisherigen Bewertung.
Im Berliner Fall sei die Tabellen-Miete des Gesetzgebers gar nicht erzielbar, so der BdSt weiter. Hier gehe es um eine vermietete Eigentumswohnung nahe einer Bahntrasse. Diese sei mit einer Kaltmiete von 5,07 Euro pro Quadratmeter vermietet (zum Stichtag der Bewertung am 01.01.2022). Der Grundsteuerbescheid setze eine angepasste monatliche Nettokaltmiete von 9,32 Euro pro Quadratmeter als pauschalierte Miete nach dem neuen Bewertungssystem an. Dieser Wert sei über 80 Prozent höher als die erzielte Miete – aus Sicht des BdSt nicht realisierbar und realitätsfern. Denn das Bürgerliche Gesetzbuch bestimme in § 558 Absatz 1, dass der Vermieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen kann – und dies auch nur, wenn die Miete zum Zeitpunkt der beabsichtigten Erhöhung seit 15 Monaten unverändert war. Der Berliner Mietspiegel enthalte in seiner Fassung 2021 als Mittelwert der ortsüblichen Miete lediglich einen Wert von 6,47 Euro pro Quadratmeter. Über diesen Wert hinaus könne der betroffene Eigentümer nicht gehen. Sollte er dies dennoch versuchen, hätte der Mieter die Möglichkeit, sich gerichtlich dagegen zur Wehr zu setzen.
Die zugrunde gelegten Miet- und Bodenwerte könne der Eigentümer grundsätzlich gar nicht überprüfen oder gar korrigieren lassen, betonen die beiden Verbände. Demnach bleibe ihm nur die Möglichkeit eines teuren Vollgutachtens – auf eigenes Kostenrisiko. Beide Verbände halten diese Form der Grundsteuerbewertung für verfassungswidrig, da sie mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar sei. Zudem sei der Bund als Gesetzgeber zu einer solch weitreichenden Grundsteuerreform nicht befugt gewesen – schließlich sei die Grundsteuer eine Angelegenheit der Länder, so die Verbände.
Aus ihrer Sicht müsste einer Grundsteuer ohne pauschalierte Werte der Vorzug gegeben werden; die Länder sollten die Öffnungsklausel nutzen. Nötig sei eine einfachere und nachvollziehbare Grundsteuer, die sich an den Modellen von Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen orientiert. Zu diesen Ergebnissen komme auch das verfassungsrechtliche Gutachten zum Grundsteuer-Bundesmodell des Verfassungsrechtlers Gregor Kirchhof.
Auch müssten die Hürden für den Nachweis eines tatsächlich geringeren Wertes deutlich gesenkt werden, fordern die beiden Verbände. "Steuern müssen einfach, nachvollziehbar und gerecht sein. Das gilt besonders für die Grundsteuer, die Millionen Bürger betrifft. Die anstehenden BFH-Verhandlungen können den Weg zu mehr Rechtssicherheit ebnen – für Eigentümer, Mieter und Gemeinden", erklärt Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke. BdSt-Präsident Reiner Holznagel fasst zusammen: "Die Grundsteuer betrifft alle Eigentümer und Mieter – direkt über den Steuerbescheid oder mittelbar über die Betriebskosten. Die heute geltenden Bewertungsregeln sind seit Jahren umstritten – sie führen zu Ungleichbehandlungen und damit zu Rechtsunsicherheit. Mit den Musterverfahren wollen wir klären lassen, wie eine verfassungskonforme Grundsteuer gestaltet werden muss."
Bund der Steuerzahler e.V., PM vom 11.11.2025